Die Zukunft der Friedhöfe ist ungewiss
Die veränderte Trauerkultur hinterlässt auch auf dem guten alten Gottesacker deutliche Spuren. In Deutschland werden nur noch etwa 45,5% der Verstorbenen erdbestattet, also im Sarg auf dem Friedhof beerdigt. In 54,5% aller Trauerfälle erfolgt eine Feuerbestattung, bei der die Urne dann alternativ zum Friedhof zum Beispiel auch in einem Friedwald oder auf See beigesetzt werden kann. Aus Kostengründen entscheiden sich immer mehr Angehörige auch für die Beisetzung der Urne in einem Urnensammelgrab oder einem Kolumbarium. Somit bleiben immer mehr Flächen auf dem Friedhof ungenutzt, während die Kosten für die Pflege der Grünanlagen und die Instandhaltung der Einrichtungen wie Kapellen oder Trauerhallen steigen.
Ein bisschen könnte sich das zu einem Teufelskreis entwickeln, denn die hohen Friedhofsgebühren sind schon jetzt manchmal einer der Gründe, warum eine andere, günstigere Bestattungsvariante wie etwa die Baumbestattung im Friedwald gewählt wird. Eine spannende Frage ist neben der zukünftigen Kostenentwicklung aber auch, was mit den frei werdenden Flächen auf den Friedhöfen passieren soll. In Anbetracht der zu wahrenden Totenruhe sind mögliche Nutzungsänderungen gut abzuwägen. Vielerorts gilt auch ein Verkauf von Friedhofsflächen als Lösung für einen weiteren wirtschaftlichen Friedhofsbetrieb. In Berlin beispielsweise, einer Stadt mit überdurchschnittlich vielen Feuerbestattungen, sollen auf dem Golgatha-Gnaden- und Johannes-Evangelist-Friedhof in Reinickendorf auf einem zwei Hektar großen Teilgebiet zahlreiche Wohnungen gebaut werden. Auf einem anderen Friedhof in Neukölln wurde bereits ein Supermarkt errichtet. Die Meinungen der Anwohner dazu sind durchaus geteilt.
Hamburg lässt die Bürger mitbestimmen
In Hamburg geht man bei der Planung der Friedhofsnutzung anders vor: Hier bezieht man schon in der Ideenfindung für die weitere Verwendung freier Flächen des Ohlsdorfer Friedhofs, mit 391 Hektar immerhin der größte Parkfriedhof der Welt, die Bürgerschaft mit ein. Bei dem Projekt „Ohlsdorf 2050“ können die Hamburger eigene Vorschläge einreichen, welche Nutzungsänderungen ihrer Meinung nach für den denkmalgeschützten Friedhof ab 2017 in Frage kommen. Dabei wird offenbar in ganz unterschiedliche Richtungen gedacht, die Ideen reichen von Meditations-Gärten über Obstwiesen, Hecken-Labyrinthe und Blumenpflückfeldern bis zu Konzertplätzen. Auch die nicht mehr genutzten Kapellen auf dem Ohlsdorfer Areal sollen künftig anderen Nutzungszwecken dienen, zum Beispiel als Yoga-Raum, Theater, Ausstellungshalle, Begegnungsraum oder sogar als Kindertagesstätte.
Die Stadt Hamburg plant, zukünftig insgesamt nur noch 100 Hektar des Ohlsdorfer Friedhofes mit Grabfeldern zu belegen. Es wird also reichlich Platz geben, um eine Vielzahl der eingereichten Ideen umzusetzen. Das Projekt „Ohlsdorf 2050“ wird im Rahmen des Programms „Nationale Projekte des Städtebaus“ vom Bundesministerium für Umweltschutz, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit mit zwei Millionen Euro gefördert. Den meisten anderen Friedhöfen in Deutschland stehen solche finanziellen Mittel natürlich nicht einmal ansatzweise zur Verfügung. Dennoch bleibt zu hoffen, dass auch dort die Verantwortlichen geeignete Wege finden, um den Friedhöfen durch geeignete Veränderungsmaßnahmen ihren festen Platz in der kulturellen Landschaft zu bewahren.
Cathrin Gawlista
Foto:
pixabay.com/Efraimstochter
Quellen:
http://www.morgenpost.de/berlin/article139852847/Bebauung-von-Friedhoefen-in-Berlin-stoesst-auf-Kritik.html
http://www.ndr.de/ratgeber/reise/hamburg/Ohlsdorf-2050-welche-Zukunft-hat-der-Friedhof,ohlsdorf148.html